Portrait Sandra Schmöckel

Aktuelle Forschung am Institut für Kulturpflanzenwissenschaften

Nutzpflanzen von heute für das Klima von morgen

Jahrelang forschte Dr. Sandra Schmöckel in Australien und Saudi-Arabien zu Salz- und Trockenstress bei Pflanzen, bevor sie als Junior-Professorin 2018 ans Fachgebiet “Physiologie der Ertragsstabilität” am Institut für Kulturpflanzenwissenschaften der Universität Hohenheim berufen wurde.

Als eine der direkten Nachfolgerinnen von Margarete von Wrangell untersucht sie, wie sich die Landwirtschaft an den Klimawandel anpassen kann und warum Quinoa dabei eine wichtige Rolle spielen könnte.

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„Wie Lebewesen funktionieren, hat mich schon immer fasziniert. Und dann habe ich mich auf Kulturpflanzen spezialisiert.“

Dr. Sandra Schmöckel

Wie ich meine berufliche Leidenschaft fand

Ich wollte schon als Kind verstehen, wie Lebewesen funktionieren. Deshalb hatte ich ein Mikroskop zuhause und habe mit dem Chemiebaukasten experimentiert, um die Geheimnisse des Lebens zu entschlüsseln. Später habe ich dann Life Sciences studiert. Aber erst bei einer Forschungsreise nach Saudi-Arabien ist mir richtig bewusst geworden, dass es bei meiner Forschung auch um das große Ganze geht. Nämlich darum, wie wir unsere Ernährung in Zeiten des Klimawandels sichern können.

Quinoa ist einer unserer Hoffnungsträger. Sie ist eine sehr nahrhafte Pflanze, reich an Eisen und Aminosäuren und im Gegensatz zu Weizen und Gerste sehr trockenresistent und salztolerant. Warum das so ist, möchte ich mit meinem Team herausfinden. Deshalb haben wir 250 verschiedene Quinoa-Linien im Gewächshaus extremen Bedingungen ausgesetzt und gemessen, wie die verschiedenen Linien auf den Stress reagieren. Zum Beispiel wie sich ihre Photosyntheserate verändert. Allerdings können wir von Versuchen aus dem Gewächshaus nur bedingt Rückschlüsse für die Landwirtschaft ziehen.

Deshalb führen wir auch Feldversuche durch. Doch gerade in den vergangenen Jahren ist das Wetter immer unberechenbarer geworden. In einem Jahr ist der Frühling verregnet, im nächsten extrem trocken. So kann es passieren, dass wir unsere gesamte Ernte verlieren und im nächsten Jahr noch einmal von vorne anfangen müssen. Deshalb braucht es Zeit, bis wir aus unseren Versuchen handfeste Ergebnisse ableiten können.

Sobald wir wissen, welche Quinoa-Linien besonders trockentolerant sind, können wir die dafür verantwortlichen Gene identifizieren. Dabei helfen uns so genannte Gen-Marker. Wenn wir sie gefunden haben, können wir diese Information an die Züchter weitergeben.

Dafür arbeiten wir mit Professor Karl Schmid und seinem Team vom Fachgebiet Nutzpflanzenbiodiversität und Züchtungsinformatik zusammen. Mithilfe unserer Gen-Marker können trocken- oder salzresistente Pflanzen gezüchtet werden, was neue Wege für die Landwirtschaft eröffnet.

Natürlich spielen im Feld auch andere Faktoren wie die Bodenbeschaffenheit oder das Wurzelsystem eine Rolle. Um diese Zusammenhänge zu erforschen, tauschen wir uns mit Professor Ludewig vom Fachgebiet für Ernährungsphysiologie der Kulturpflanzen oder Professor Müller aus, der sich mit der Düngung und dem Bodenstoffhaushalt beschäftigt. Wir arbeiten hier am Institut für Kulturpflanzenwissenschaften sehr interdisziplinär.

Trotzdem setzen wir im Prinzip das fort, was die Institutsgründerin Margarete von Wrangell vor 100 Jahren begonnen hat. Ihre Vision war es, Hunger und Missernten zu überwinden und die Ernährung Deutschlands zu sichern. Diese Vision haben wir in Zeiten des Klimawandels auch auf Afrika, Arabien oder Australien ausgeweitet und arbeiten in verschiedenen internationalen Forschungsprojekten mit diesen Ländern zusammen.

Wenn es uns gelingt, ausgetrocknete oder versalzene Gebiete wieder nutzbar zu machen, können wir die Lebensgrundlage vieler Menschen sichern. Für mich wäre es aber schon ein großer Erfolg, wenn Familien in Nordafrika Quinoa anbauen und davon leben können. Wenn wir das mit unserer Forschung erreichen, dann können wir trotz Klimawandel etwas zum Besseren verändern.

Sandra Schmöckel Versuch mit Mais im Forschungshaus
Photosynthese-Messung
Sandra Schmöckel mit Hanfpflanzen
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„Sobald wir die Mechanismen für Salzstresstoleranz verstehen, können wir tolerante Pflanzen für versalzene Böden züchten.“

Dr. Sandra Schmöckel

Wissenschaftliche Karriere und Familie

„Es ist Wahnsinn, welch große Probleme im Jahr 2023 immer noch existieren“, sagt Junior-Professorin Dr. Sandra Schmöckel. „Ich weiß nicht, was ich ohne die Unterstützung des Büros für Gleichstellung und Diversität getan hätte.“

Sandra Schmöckel kam 2018 direkt aus Saudi-Arabien als Junior-Professorin im Tenure-Track-Programm nach Hohenheim. Als sie schwanger wurde, hatte sie ein Problem. Wie sollten ihre Post-Doktorandin und technische Mitarbeiterin allein Lehre und Forschung am Laufen halten, während Sandra Schmöckel im Mutterschutz war? Ohne Unterstützung kaum zu schaffen.

Doch dann erhielt sie den entscheidenden Hinweis bei einem Professorinnen-Lunch. „Ich bin zum Büro für Gleichstellung und Diversität gegangen und habe dort meine Lage geschildert“, erzählt Sandra Schmöckel. „Mir war es wichtig, dass Unterstützung für meine Mitarbeiterinnen da war, damit nicht alles allein an ihnen hängenblieb“, betont Schmöckel. In kürzester Zeit organisierte das Büro finanzielle Mittel für die Beschäftigung einer wissenschaftlichen Hilfskraft. Soweit so gut.
Doch es blieb nicht bei dieser Herausforderung. „Ich wusste nicht, wie schwer es ist, in Baden-Württemberg einen Kita-Platz zu bekommen“, erzählt sie. Nicht nur die Plätze waren rar, auch die Öffnungszeiten waren wegen Personalmangel auf den Vormittag reduziert. „Wie soll ich meine Lehrveranstaltungen fürs nächste Semester planen, wenn ich nicht einmal weiß, ob mein Kind betreut sein wird?“

Für Sandra Schmöckel und ihren Mann war schnell klar: Eine Familie zu haben ist hierzulande nur möglich, wenn ein Ehepartner zurücksteckt. In diesem Fall der Vater. Am Ende bekamen sie nur deshalb einen Kita-Platz, weil die Universität Hohenheim Plätze in einer nahen Kita mitfinanziert. Eine Chance für Sandra Schmöckels Mann, einem Job in Teilzeit nachzugehen.

Auch dabei half das Büro für Gleichstellung und Diversität. Es verwies an die Dual Career Stelle mit ihrem großen Netzwerk an Kontakten zu Unternehmen und Bildungseinrichtungen in der Region. So fand Sandra Schmöckels Mann schließlich eine geeignete Beschäftigung, die es erlaubt, Familie und Beruf zu vereinen.

Sandra Schmöckel ist sich sicher: „Die Arbeit des Büros für Gleichstellung und Diversität hat es uns ermöglicht, Karriere und Kind zu vereinbaren.“

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„Wenn sich unser Klima verändert, werden wir in Deutschland ein mediterranes Klima mit viel Trockenheit und Extremwetterereignissen haben. Unsere Forschung hilft dabei, dass unsere Landwirtschaft dafür gewappnet ist.“

Dr. Sandra Schmöckel

Infokasten Junior-Professur

Seit dem 15.8.2018 leitet Sandra Schmöckel als Junior-Professorin das neue Fachgebiet für Physiologie der Ertragsstabilität am Institut für Kulturpflanzenwissenschaften. Eine Juniorprofessur mit Tenure-Track wird durch ein Bund-Länder-Programm gefördert und ist auf sechs Jahre befristet. Danach kann sie in eine reguläre Professur umgewandelt werden.

Steckbrief

Name: Sandra Schmöckel
Forschungsbereich: Salz- und Trockenstress-Toleranz in Kulturpflanzen
Universität und Abteilung: Universität Hohenheim, Fakultät für Agrarwissenschaften, Institut für Kulturpflanzenwissenschaften, Fachgebiet Physiologie der Ertragsstabilität
Kinder: 1

Sandra Schmökel Portrait

Sandra Schmöckels Werdegang

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Seit 08/2018 Juniorprofessur Tenure Track (W1) Physiologie der Ertragsstabilität an der Universität Hohenheim, Deutschland

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02/2014 – 08/2018 Postdoktorandenstelle Pflanzenwissenschaften, Center for Desert Agriculture, King Abdullah University of Science and Technology (KAUST), Saudi-Arabien

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03/2010 – 06/2014 Promotion an der University of Adelaide und am Australian Centre for Plant Functional Genomics, Adelaide, Australien, mit Praktikum am Institut für Pflanzenwissenschaften, University of Cambridge, UK

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06/2008 – 03/2010 Master of Science Zell- und Molekularbiologie, Universität Potsdam, Deutschland

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10/2005 – 06/2008 Bachelor of Science Molekularbiologie/Physiologie, Universität Potsdam, Deutschland

Quelle

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Interview mit Jun.-Prof. Sandra Schmöckel am 27.05.2023

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